Den Namen »Caylus« muss man fast schon mit Ehrfurcht nennen. Viele große Spiele der letzten Jahre wurden von diesem Urvater des Worker-Placement-Spiels beeinflusst, und noch immer gilt »Caylus« als eines der besten Strategiespiele ohne Glücksanteil.
Bei diesem Spiel gewinnt der Begriff „Interaktion“ eine ganz neue Bedeutung, denn das ganze Spiel lebt ausschließlich von der Interaktion der Spieler miteinander. Alle Informationen liegen offen, alle Möglichkeiten sind im Voraus bekannt.
Die einzige Variation liegt in der Startauslage von sechs Karten mit Aktionsfeldern, die sich allerdings nur leicht auf den Spielverlauf auswirkt, und in der Auslosung der Spielerreihenfolge.
Der erste Eindruck des Spiels ist in jedem Fall überwältigend. Die Menge an Stellrädchen und Aktionsmöglichkeiten ist groß, und es gibt sehr viele Möglichkeiten, direkt und indirekt an Siegpunkte zu kommen. Mangel an Geld, Rohstoffen und Aktionen ist allgegenwärtig, und die Dauer des Spiels ist variabel.
Eigentlich müsste »Caylus« bei diesen Voraussetzungen ein absoluter Überflieger sein, aber einige Dinge stören mich trotzdem – wenn auch auf sehr hohem Niveau:
Das völlige Fehlen von Glück, welches eigentlich ein großer Vorteil sein sollte, verleitet zusammen mit der „einfachen“ Arbeiter-Einsetz-Mechanik zu einer sehr kopflastigen und anstrengenden Spielweise, ähnlich dem Schach. Der ganze Spielverlauf scheint vorbestimmt zu sein, und es macht sich das Gefühl breit, dass es immer nur den einen, optimalen Zug gibt, der gefunden werden will.
Vor allem das Spiel zu zweit, welches mit minimalen Änderungen gegenüber der Normalfassung auskommt, kann nicht wirklich überzeugen. Denn wo im Spiel mit mehreren Spielern die Interaktion automatisch ins Unberechenbar-Chaotische tendiert und so für Abwechslung und manche Überraschung sorgt, ist es bei zwei Spielern schon eher möglich, alle Reaktionen des Gegners durchzurechnen. Das verstärkt die Kopflastigkeit noch einmal spürbar.
Wie gesagt, das ist Meckern auf hohem Niveau, denn »Caylus« ist ein wirklich gutes Strategiespiel mit schönem Material und guter thematischer Einbindung, am besten gespielt zu dritt oder viert.
Bloß nicht von den vielen Möglichkeiten abschrecken lassen, denn jede davon hat ihren Sinn und will lustvoll erkundet werden!
2–5 Spieler, Spieldauer 90–150 Minuten.
Fazit: Ein herrlich komplexes Spiel ohne Glück, leider etwas anstrengend.
Stefan Malz, 17. Dezember 2010 (#101) |
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