Meinung: Love Letter


»Love Letter« ist ein Spiel, welches es eigentlich gar nicht geben kann. Besteht doch das Spielmaterial streng genommen nur aus 16 Spielkarten, und dabei sogar nur 8 verschiedene. Das kann doch gar nicht funktionieren…

Doch, es kann. Erstmals habe ich »Love Letter« erst vor gut einem halben Jahr kennengelernt – noch in einer englischsprachigen Fassung mit kleinen Karten und billigen Plastikchips in einem Samtsäckchen. Die Erklärung war kurz und wenig erhellend, die erste Partie entsprechend holprig.

Dennoch war schon zu erkennen, dass diese kleine Spiel einiges an Potential hat, ein toller Lückenfüller zu werden. Denn der „Mangel“ an Spielmaterial hat einen großen Vorteil: der Erkläraufwand des Spiels ist minimal. Acht Karten und ihre Auswirkung kurz erklären, maximal noch eine Proberunde spielen, und schon kann es losgehen.

Das Grundprinzip ist denkbar einfach: Jeder Spieler startet mit einer Handkarte. Der aktive Spieler zieht eine zweite Karte und spielt eine der beiden Karten offen vor sich aus. Damit wird deren Wirkung aktiv, und schon ist der nächste Spieler aktiv.

Ziel jedes Spielers ist es, selbst möglichst lange im Spiel zu bleiben, während man die anderen Spieler herauskegelt. Dafür versucht man zu raten, welche Karte ein Mitspieler hat, zwingt ihn, seine Handkarte abzuwerfen und eine neue zu ziehen, oder vergleicht die eigene Handkarte mit dessen Handkarte – wer die niedrigere besitzt, scheidet aus.

Sehr schön dabei, dass alle ausgespielten Karten offen vor den Spielern liegen bleiben, so dass sich niemand merken muss, wer schon was gespielt hat. Man kann sich komplett darauf konzentrieren, die Mitspieler aus dem Spiel zu werfen.

Wer entweder als einziger noch im Spiel ist oder am Ende des Nachziehstapels die höchste Karte auf der Hand hat, gewinnt eine Runde und erhält ein Herzchen. Wer zuerst eine bestimmte Anzahl an Herzen besitzt, gewinnt die gesamte Partie.

Das Spiel lebt von vielen kleinen Entscheidungen, aber auch von grausamem Kartenziehglück oder -pech. Oftmals hat man aufgrund der gezogenen Karten keine Chance oder ein Mitspieler errät spontan die eigene Handkarte. Aber da viele Runden gespielt werden, macht dies niemandem etwas aus.

Im Gegenteil. Sehr oft folgt auf eine Partie eine weitere, und in meinen Spielegruppen wird »Love Letter« immer wieder gerne gespielt, teilweise an mehreren Tischen parallel. Mit zwei Exemplaren des Spiels kann man sogar mit bis zu acht Spielern spielen, wobei ich ab sechs Spielern zwei getrennte Runden bevorzuge.

Insgesamt ein Spiel, welches ich eigentlich immer mitnehme und teilweise mehrfach pro Woche spiele. Hinzu kommt, dass die neue Ausgabe von Pegasus riesige, stabile Karten und schöne Holzherzchen in einer Schachtel mit passendem Einsatz enthält. Da stimmt auch die Qualität!

2–4 Spieler (mit 2 Exemplaren bis 8 Spieler), Spieldauer 20–30 Minuten.

Fazit: Geniales Spiel für Zwischendurch, derzeit immer wieder gespielt.

Stefan Malz, 24. April 2014 (#158)
 

Autor:
Senji Kanai

Illustration:
Andrew Hepworth & Jeffrey Himmelman

Verlag:
Pegasus

Erscheinungsjahr:
2013