Meinung: Sankt Petersburg


»Sankt Petersburg« ist das Erstlingswerk von Michael Tummelhofer. Hinter diesem Pseudonym verstecken sich Bernd Brunnhofer, Chef des Hans im Glück-Verlags, und sein Team.

Das Spiel kommt im ersten Moment recht bescheiden daher. Die relativ knappe Ausstattung mit „nur“ einem kleinen Spielplan, 120 kleinen Spielkarten und Papiergeld in einem dafür eigentlich zu großen Karton überrascht. Das soll das Spiel sein, dass den Deutschen Spielepreis und den International Gamers Award 2004 gewonnen hat? Auch die Grafiken wirken recht grob und aufgrund der zurückhaltenden Farbwahl (Hellblau!) etwas blass. Das Thema wirkt komplett aufgesetzt. Und erst diese Anleitung – wie soll man das Spiel damit bitte verstehen?

Nachdem diese ersten negativen Eindrücke überwunden waren und ich das Spiel erklärt bekommen hatte, konnte es dann doch noch losgehen. Eigentlich ist es ja ganz einfach:

Reihum nimmt man eine der ausliegenden Karten, legt sie sofort für Geld aus oder behält sie erst einmal auf der Hand. Oder man passt. Ab und zu gibt es Wertungen, die Geld und/oder Siegpunkte einbringen. Das ist eigentlich schon der ganze Spielablauf. Und trotzdem reizte mich das Spiel irgendwie!

Natürlich hatte ich als Anfänger den Fehler gemacht, zu Beginn zu viel Geld für Karten auszugeben, die kein Geld bringen, und zu viele teure Karten auf die Hand zu nehmen, für die später kein Geld mehr übrig war. Das ganze Spiel endete in einem Desaster. Doch mein Ehrgeiz war geweckt, zumal ich sah, wie die anderen Mitspieler mit Leichtigkeit immer mehr Karten vor sich auslegten und massenhaft Geld zur Verfügung hatten, um weiter zu expandieren. Es war offensichtlich, das es auch anders gehen musste.

Also musste noch eine Partie her – doch auf die musste ich leider fast ein Jahr warten. Umso faszinierter war ich, als diese zweite Partie dann schon ganz anders verlief. Na gut, ich habe sie nicht gewonnen, aber immerhin nur knapp, und ich hatte den Eindruck, zu wissen, was ich tue.

Mittlerweile haben wir viele Partien mit unterschiedlichsten Ergebnissen gespielt, und der Reiz ist immer noch da. Natürlich kommt duch die Kartenauslage ein relativ großer Glücksanteil ins Spiel, der kaum durch andere Elemente ausgeglichen wird. Und die relativ kleine Anzahl an Karten führt dazu, dass man bald alle auswendig kennt. Doch dadurch wird das Spiel nicht weniger interessant!

Vielmehr wird gerade dadurch das Spiel immer wieder spannend, weil man genau weiß, was kommen könnte – und man nicht weiß, ob und wann es kommen wird.

Vor allem aufgrund der geringen Spieldauer trotz hoher Varianz spielen wir es immer wieder gerne!

2–4 Spieler, Spieldauer 45-60 Minuten.

Fazit: Einfache Regeln für angenehm komplexes Spiel, Thema aufgesetzt.

Stefan Malz, 27. Januar 2011 (#110)
 

Autor:
Michael Tummelhofer
(Pseudonym)

Illustration:
Doris Matthäus

Verlag:
Hans im Glück

Erscheinungsjahr:
2004