Zuallererst war »Snowdonia« für mich ein Spiel der vielen falschen Eindrücke. Fast alles an diesem Spiel leitete mich anfangs in die Irre!
Da wäre zuerst der Titel „Snowdonia“ – Schnee scheint eine wichtige Rolle im Spiel zu haben. Falsch – es geht um den Berg „Snowdon“ in Wales! Direkt danach die Titelgrafik – das scheint ein Bergbauspiel zu sein. Falsch – wir bauen die „Snowdon Mountain Railway“ den Berg hinauf! Ein Blick auf die Grafiken und die Kurzbeschreibung – das Spiel muss von Martin Wallace sein. Falsch! Dann der Spielaufbau – der sieht aufgrund der reihum gelegten und der Reihe nach abzuarbeitenden Karten völlig linear und monoton aus. Falsch! Und schließlich hat man nur 2-3 Arbeiter und nur 7 mögliche Aktionen – das klingt nach wenig Auswahl und Abwechslung. Auch falsch!
Gottseidank habe ich mich trotz all dieser falschen Ersteindrücke überreden lassen, das Spiel auszuprobieren. Inzwischen sind mehrere Partien gefolgt, und es gefällt mir mit jeder Partie immer besser.
Zugegeben, die Regeln von »Snowdonia« sind nicht trivial, und die Erklärung vor der ersten Partie
kann locker eine halbe Stunde dauern. Aber wirklich kompliziert sind sie nicht. Vielmehr liegt hier mal wieder ein Spiel vor, bei dem man in viel zu wenig Aktionen viel zu viele Dinge tun möchte. Und bei dem einen die Mitspieler gerne mal etwas wegschnappen. Ein klassisches Worker-Placement-Spiel, aber mit einer besonderen Atmosphäre und knallharter Interaktion.
Besonders reizvoll finde ich die Idee des Wetters. Für jeweils 2 weitere Runden im Voraus ist das Wetter bekannt, welches die Arbeitsgeschwindigkeit der verschiedenen Arbeitstrupps beeinflusst. Bei Nebel müssen einige Arbeiten sogar komplett eingestellt werden.
So gilt es, nicht nur die wenigen Aktion der laufenden Runde zu planen, sondern mit Blick aufs Wetter eine möglichst gute langfristige Strategie zu entwickeln und umzusetzen.
Hinzu kommt, dass das Spielende nicht klar vorbestimmt ist, und man immer auf der Hut sein muss, ob langfristige Aufträge tatsächlich noch zu erfüllen sind. Zwar bringen unerfüllte Aufträge keine Strafe ein, doch allein schon die eine dann verschwendete Aktion, die man zum Erhalt des Auftrags aufbringen musste, schmerzt.
Von einigen Spielern habe ich die Reaktion erhalten, dass die Grafik sehr schlicht und grob wäre. Das stimmt durchaus, und ist einer der Gründe, warum man das Spiel auch für ein Martin Wallace-Spiel halten könnte, aber ich finde die Grafik auf jeden Fall thematisch stimmig (der Snowdon ist kein saftig grünes Naturparadies) und dem Spiel zuträglich. Zu viele Details würden eher vom Spiel ablenken.
Positiv ist außerdem noch anzumerken, dass über die Rückseiten der Stationskarten gleich eine deutlich veränderte Variante des Spiels mitgeliefert wird, und dass das Spiel auch alleine spielbar ist.
1–5 Spieler, Spieldauer 30–90 Minuten.
Fazit: Nicht den falschen Eindrücken erliegen – ein wirklich tolles Spiel!
Stefan Malz, 15. März 2013 (#151) |
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