Meinung: Strasbourg


Eines muss man mögen, um »Strasbourg« richtig gut finden zu können: die Farbe Lila! Der erste Eindruck dieses Spiels ist vor allem eines – lila! Doch die ungewöhnliche Farbgebung passt durchaus zum mittelalterlichen Thema des Spiels.

Der zweite Eindruck beim Auspacken des Spiels ist dann schon ganz anders: viel schönes Material mit einem großen Plan, Karten, Sichtschirmen, Holzfiguren und Stanzteilen. Die Spielregel liest sich sehr angenehm und lässt bei genauem Hinsehen keine Frage offen.

Worum geht es bei »Strasbourg«? Eigentlich bietet man die ganze Zeit darauf, in einer der fünf Zünfte oder beim Adel oder der Kirche für eine Runde das Sagen zu haben. Dabei ist nicht nur das Höchstgebot wichtig, auch der Zweit- und Drittbietende erhalten oftmals Vorteile in Form von Waren und Einfluss in Stadtgebieten (was sich entweder in Geld oder Siegpunkte niederschlägt).

Was noch immer recht langweilig klingt, gewinnt durch ein entscheidenes Element eine zusätzliche Ebene der Planung und des Zockens: jeder Spieler startet mit nur 24 Einflusskarten unterschiedlichen Wertes, die für das ganze Spiel reichen müssen. Wie er diese auf die insgesamt 5 Runden verteilt, ist seine Sache.

Aus den Karten einer Runde werden dann Stapel gebildet, die jeweils ein mögliches Gebot darstellen. Somit sucht sich jeder Spieler relativ frei aus, welche Gebote er zur Verfügung haben möchte. Doch wer weiß, was die lieben Mitspieler für diese Runde planen?

Hinzu kommen noch Sonderaufgaben, aus denen jeder Spieler zu Beginn aus 5 Stück welche aussuchen darf. Damit kann man sehr viele Punkte machen – bei entsprechend hohem Risiko und Aufwand. Oder doch lieber direkte Punkte im Spiel holen und nur nebenbei eine einfache Aufgabe erfüllen? Immer diese Entscheidungen…

Die erste Partie von »Strasbourg« endet häufig mit einem Fragezeichen im Gesicht einiger Spieler. Viele hätten „mehr“ erwartet. Und stellen erst bei der zweiten oder dritten Partie fest, dass das „Mehr“ im Kopf abläuft, wenn man versucht, einzuschätzen, wann man wohl wieviel Einfluss benötigen wird.

Damit liegt hier ein Vielspieler-Spiel vor, das nicht viel Rechnerei erfordert und trotz eines nennenswerten Glücks- und Interaktionsanteils nicht willkürlich erscheint.

Deshalb sage ich: es lebe die Farbe Lila!

3–5 Spieler, Spieldauer 60–90 Minuten.

Fazit: Angenehm „anderes“ Bietspiel mit einigen Strategie-Elementen.

Stefan Malz, 22. Juni 2011 (#118)
 

Autor:
Stefan Feld

Illustration:
Alexander Jung

Verlag:
Pegasus

Erscheinungsjahr:
2011